Gerald Schröder Modell 35 (Museum)  

Welche Funktion erfüllt ein Kommentar? Oder genauer: Welche Funktion soll ein Kommentar erfüllen, der vor vornherein als integraler Bestandteil einer künstlerischen Arbeit gedacht ist? Das reflexive Potential des Kommentars würde in Naivität umschlagen, wenn er in dieser Situation vor sich selber Halt machen würde. Mit anderen Worten: Ralf Peters reizt durch seinen Auftrag zur Selbstreflexion des Kommentars. Indem die äußere Instanz des Kommentars bzw. der Kritik ins innere des Werks geholt wird, verdeutlicht Peters einmal mehr die Abhängigkeit moderner Kunst von ihren medialen Vermittlungsformen und unterstreicht zugleich das reflexive Potential seiner Arbeit. Kunst kann eben nicht mehr auf den klassischen Werkbegriff reduziert werden, sondern wird nur verständlich, wenn die verschiedenen ineinandergreifenden Elemente eines spezifischen gesellschaftlichen Systems als konstitutiv erkannt werden. Dazu gehört neben der Kunstkritik bzw. begrifflichen Kommentierung auch der Katalog, der die Funktionsweise von Peters Modellen erst anschaulich werden laßt. Denn das eigentliche Modell bleibt verhüllt und verweist in seiner Verpackung nicht nur auf die Distributionsstukturen im Ausstellungswesen, sondern leistet trotz aller scheinbar erhellenden Katalogtexte und Kommentare einer vorschnellen Erkenntnis Widerstand. Daß der Katalogeintrag von Peters nur scheinbar den Rätselcharakter der Modelle lüftet wird beim Modell 35 (Museum) insofern deutlich, als sich die vorgeblich zeitgemäße Präsentation eines Museumsraumes als absurder Anachronismus erweist. Der Mouse-Klick am Computer, der heutzutage das imaginäre Museum am Bildschirm erscheinen läßt, wird bei Peters zum Auslöser einer Maschine, die originale Bilder nach Belieben des Besuchers im Raum verteilt. Versteckte Walzen und wie Blenden verschiebbare Stellwände sollen dieses Spektakel ermöglichen. Ob damit jedoch die digitale Verfügbarkeit von Bildern zugunsten des Originals konterkariert werden soll, bleibt fraglich. Denn der Benutzer dieses Museumsraumes soll sein Werk über Video beobachten.

Gerald Schröder