Christiane Ladleif Modell 3 (Talk)  

Als Museumsbesucher stehen wir staunend vor dem "Modell 3" des Künstlers Ralf Peters: Kann es sein, daß die Verpackungsfolie nicht rechtzeitig vor Ausstellungsbeginn enfernt wurde? Der Zusatz-Titel Talk läßt an eine Multimedia-Installation denken, stattdessen werden wir mit Papp-Monitoren konfrontiert, auf denen Standbilder bekannter Talkshow-Gäste geklebt sind. Zur Installation gehört ein Text des Künstlers, der die Verwirrung komplettiert. Peters beschreibt das Werk als miteinander "kommunizierende" Monitore, bei denen immer die Zuhörenden der Talk-/Monitor-Runde zu sehen seien, während der Monitor des jeweils Redenden sich uns als schwarzes Bild präsentiere. Also gibt es doch das realisierte Kunstwerk? Wir haben das realisierte Kunstwerk mit all seinen Widersprüchlichkeiten vor Augen. Konstituiernder Teil des Werkes ist der Zustand des Prozesses; die virtuelle Multimedia-Installation existiert (noch) nicht.
Ralf Peters spielt mit uns und unseren Wahrnehmungsmechanismen - erwarten wir doch in den hehren Ausstellungsräumen eines Museums gut präsentierte Kunst mit wissenschaftlich fundierten Begleittexten, die den Zugang zu dem Werk erleichtern. Ein in Folie gepacktes Papp-Modell läßt den kunstinteressierten Betrachter allerdings stutzen, erwartet man doch bei Medien-Installationen, die wie hier der Titel Talk ein akustisches Erleben in Aussicht stellen, einen synästhetischen Kunstgenuß, bei dem die Sinnesorgane Auge und Ohr gleichermaßen bedient werden. Das kokonartig eingehüllte Werk erzeugt dagegen eine eigene, virtuelle Realität, die verschiedene Zustände gleichzeitig denken läßt: Das Modell der traditionellen Skizze nicht unähnlich, die Ver-packung, die die Notwendigkeit des Transportes von einem musealen Ort zum nächsten verdeutlicht und das dem Modell inhärente Potential der technischen Realisierung dieser Videoinstallation. Kommunikation ist Gegenstand dieser inszenierten, aber eben doch stumm bleibenden Talkrunde. Letztlich handelt es sich um einen mentalen Dialog zwischen dem Denk-Modell und dem Betrachter. Eine Frage bleibt im (musealen) Raum stehen: Was ist Realität und was sind nur Reflektionen unserer selektiven, durch die Medien bestimmten Wahrnehmung?

Christiane Ladleif