Harald Justin Modell 56 (Mordszenen)  

Wer ich bin, in der Manege

Der Rundlauf der Welt gebiert Ungeheuer. Auf- und abschwellende Bocksgesänge der Gewalt besingen den Gründungsakt der Zivilisation: Kein klopft auf Abel die Theorie und Praxis fest! Mord und Totschlag vs. Gebot und Verbot. Seitdem treibt es den Engel der Geschichte mit vor Schreck aufgerissenen Augen aus dem Paradies, von einem Sturm vorangetrieben, den wir Fortschritt nennen, der uns allen Sinn verdreht und den Engel, rückwärts auf die Trümmer und Toten schauend, über die Gegenwart hinaus in die Zukunft trägt. Nichts kann er mehr zusammenfügen, die Trümmer nicht und auch die Toten kann er nicht mehr zum Leben hin erwecken. Sein Blick ist gläsern, seine Augen gehören der Kontrollmacht: Es sind Monitore, die genau verzeichnen, wer seit dem Verlust ursprünglicher, paradiesischer Mitte im Zentrum steht: Täter und Opfer! Der eine kann ohne den anderen nicht sein. Das Sein aber steht im Zentrum, das Ich in der Mitte. Aber: Wer bin ich, woher komme ich, wohin gehe ich, wenn ich nur werden kann, was ich bin und mir, wankend angesichts der Verzweiflung mißlingender Selbstrechtfertigung, nur der Rundlauf bleibt?

Harald Justin