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Natur und Vernunft
Im Zeitalter der Aufklärung machte sich von England ausgehend
ein wahrer
Kult der Natur, die zum Maßstab allen Handelns wurde - auch
in Frankreich
bemerkbar. Enthusiastisch wurde die Natur in den höchsten
göttlichen Rang
erhoben und in pantheistischer Auslegung als geistige Universalmacht
gewertet. Alles, was sie bot, galt zugleich als vollkommen und
schön. So
forderte dann auch Boullée von seiner Architektur, daß
sie Stimmungen
erzeuge, wie sie sonst nur die Natur hervorbringt. Als höchste
Instanz
traute man der Natur Vernunft zu, da vor ihr alle Menschen gleich
seien und
sie der Inbegriff von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit
sei. So kam
es dann, daß im November 1793 der Kult des Raison in Notre-Dame
zu Paris
eingeführt wurde, der untrennbar mit dem Kult der Natur verbunden
blieb.
Die Vernunft als anbetungswürdige Tochter der Natur wurde
vergöttlicht und
mit ihr auch die Natur selbst. Christliche Kirchen wurden überall
zu
Tempeln der Vernunft umgewandelt, und die Verbindung von Natur
und Vernunft
blieb charakteristisch,
Gerti Maria Hoffjan
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