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Roland Barthes beschreibt den Augenblick des Fotografiertwerdens
als einen
"subtilen Moment [...], in dem ich eigentlich weder Subjekt
noch Objekt,
sondern vielmehr ein Subjekt bin, das sich Objekt werden fühlt:
ich erfahre
dabei im kleinen das Ereignis des Todes. . ."1 Aber - nicht
Menschen stehen
hier im Zentrum der Fotografie, sondern Gewehrpatronen. Wie kann
hier die
Differenz zwischen dem Gegenstand und seiner Repräsentation
beschrieben
werden? Was ist im Moment des Fotografiertwerdens aus ihm geworden?
Mein
Versuch der Annäherung gerät an seine Grenze. Denn wie
kann ich
beschreiben, was aus einem Gegenstand geworden ist? Was sagt das
Bild einer
Gewehrpatrone über eine Gewehrpatrone?
Gewehrpatronen, - soweit ich sehen kann, handelt
es sich bei diesen
Exemplaren um Schrotpatronen - , bestehen aus etwa 6 cm hohen
zylinderförmigen Hülsen aus farbiger Pappe oder gefärbtem
Kunststoff mit
einem Hülsenboden aus Metall. Darin befindet sich die Munition:
Schrotkugeln und Schwarzpulver. Explodiert die Ladung, verletzt
oder tötet
sie Menschen und Tiere.
Eines zumindest ist mit den fotografierten Patronen
geschehen: sie können
nicht mehr explodieren, verbreiten keine Angst mehr. Bedeutet
also die
Fixierung zum Bild für die Gewehrpatrone, selbst die Wirkung
einer
Todesdrohung verloren zu haben? In der vorgestellten Installation
hat der
Künst-ler versucht, den in der Fotografie wirkungslos gewordenen
Patronen
eine Art des Schreckens auf ästhetischer Ebene wiederzugeben.
Die ins
Überdimensionale vergrößerten Fotografien überragen
die BetrachterIn.
Zwischen zwei Reihen der immer gleichen, nur durch die Farbe sich
unterscheidenden Fotografien kann der/die BesucherIn des Raumes
den Bildern
nicht entgehen. Sein/ihr Blick trifft sie, egal wohin er/sie blickt.
Silvia Baumgart
1 Roland Barthes, Die helle Kammer. Bemerkung zur
Photographie, Frankfurt a. M. 1985 (1989)
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