Splatter
Soweit ich mich erinnern kann, jeder Samstag war
früher Bade- und ist seit
langem nun schon Duschtag1). Ich dusche zwar auch an anderen Tagen,
aber
ein Samstag ohne Brausebad? Nie2)! Samstag morgens höre ich
gern im
Deutschlandfunk die von wechselnden Kulturträgern moderierte
Sendung
"Klassik, Pop etcetera"3). Neulich Samstags wurde mir
mulmig unter der
Brause. Der Moderator legte die Filmmusik zur Duschszene aus Hitchcocks
'Psycho' auf 4).
Es lief aber alles gut ab.
1) Nietzsche prophezeit 1883 im Zarathustra: "Wir haben das
Glück erfunden
- sagen die letzten Menschen und blinzeln. Kein Hirt und keine
Herde! Jeder
will das Gleiche. Jeder ist gleich."
2) Gurdjieff bezeichnet 1950 die conditio humana des domestizierten,
auf
die Regelkreise seiner Gewohnheiten festgelegten Primaten als
"Schrecken
der Situation".
3) McLuhan schreibt 1951: "Das mag es wohl
auch sein, was Leute in die
Todesshows auf die Rennbahnen zieht und die Zeitungen und Zeitschriften
mit Nahaufnahmen von Executionen, Selbst-morden und zerquetschten
Körpern
füllt. Ein metaphysischer Hunger danach, alles sexuell zu
erfahren und für
einen Moment höchster Erregung dem Geheimnis das Herz herauszureißen.
...
Der überwiegende Teil heutiger Betriebsamkeit um 'menschliche
Schicksale'
und 'wahre Geschichten' trägt die Fratze des Ghuls oder des
Vampirs. Das
ist wahrscheinlich die Bedeutung der populären Schlag-worte
von der'
dreckigen Wäsche' oder dem 'geheimen Insidertip'. ... Diese
Trance scheint
das weitverbreitete Bilderbündel von Sex, Technologie und
Tod
ununterbrochen weiterwuchern zu lassen - das ist das Geheimnis
der
mechanischen Braut."
4) Manfred Geier erklärt 1999 in 'Vorspiel
mit Lara Croft': "Das Superweib
mit seinem überproportionierten Busen, das den Spielern als
Projektionsfigur zur Verfügung steht, scheint stärkere
sexuelle Phantasien
hervorzurufen, als reale Frauen. Diese Verschiebung brachte das
Model Nell
McAndrew auf die Idee, sich als fleischgewordenes Double des Cybergirls
in
Scene zu setzen. Sie lebt von den Phantasmen, die durch das künstliche
Pixelwesen erzeugt worden sind. Mit dieser Umkehrung, die das
virtuelle vor
das hyper-reale Model stellt, ist 'Lara Croft' zum Sinnbild einer
epochalen
Situation geworden, die nicht mehr klar und deutlich zwischen
Original und
Ersatz zu unterscheiden erlaubt. Fake ist der gemeinsame Nenner,
auf dem
sie einen verschlungenen Tanz aufführen, bei dem <künstliche<
Modelle die
Führung übernommen haben und ihre >natürliche<
Partner in einen zunehmenden
Taumel versetzen.
Frank Barth
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